Ein Schwarm, der Böses dabei denkt?

Vor kurzem habe ich erst einen Beitrag zum Thema Endstation Tunnelblick? geschrieben. Jetzt war ich auf dem ConventionCamp in Hannover und sah viele Thesen bestätigt.
Ich bleibe dabei – Onliner leben in einer Cloud. Auch, wenn auf dem ConventionCamp – einer der wichtigsten Konferenzen zur digitalen Zukunft – die Netz-Szene auf Wirtschaft und Wissenschaft traf, sei hier mal in Frage gestellt, ob die Verständigung der Menschen untereinander immer zielführend war.

ConventionCamp
Großer Andrang bei den Keynotes

In einer Zeit, in der wir uns mit täglichen Neuerungen selbst überholen, ist es kein Wunder. Immer mehr Menschen bilden sich ihre Meinungen aus Echtzeitinformationen, die ungeprüft durch das Netz strömen. Die Welt bauen sie sich aus einer zerfaserten Kommunikationskultur – theoretisch ist das aber gar nicht möglich.

Gut, zum Frust ablassen

Doch mittlerweile diskutieren wir darüber, ob es ausreicht. Wir mutmaßen sogar, dass soziale Netzwerke Revolutionen in Gang setzten. Das Panel „Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen“ etwa stellte die Frage in den Raum, inwieweit sich Menschen über das Internet heute wieder verstärkt mit politischen Themen beschäftigen. Prof. Dr. Helmut Scherer vom Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover relativierte die Macht der sozialen Netzwerke und stellte klar, dass es hierin lediglich um die Vernetzung, das Finden von Verbündeten und das Frust ablassen gehe – mehr nicht. Selbst der Veranstalter publizierte in einer Presseerklärung das Fazit: „Das Internet politisiert die Menschen nicht. Aber es erleichtert die Kommunikation für Proteste und unterwandert so die bisherigen Machtpositionen“.

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Kommunikation, die sich immer mehr in die sozialen Netzwerke verlagert Fotos (2): Flickr

Außerhalb der mit wenigen philosophischen Ansätzen in Bezug auf die Lebensveränderungen der Menschen angebotenen Sessions (Sitzungen), ließ das Camp sehr anschaulich erkennen, welcher Wettlauf um die Ideen von morgen mittlerweile stattfindet – selbst wenn sie noch so unsinnig sind. Denn: Ob die Menschheit all diese Ideen benötigt, wie viele Unternehmen mit ihren Ideen scheitern, welche Machtkämpfe um die Vorherrschaft im Netz längst toben – all dies konnte in der Kürze der Zeit nicht in Frage gestellt werden. Keinem der rund 1500 Teilnehmer des Camps war es möglich, auch nur annähernd alle Sessions zu besuchen – schon gar nicht Tiefgang in der Wahrnehmung zu erwarten.

Wir vertiefen nicht mehr, wir springen

So bleibt für mich als Höhepunkt des Camps die Session mit Frank Schätzing unter dem Titel „Zukunftsgerüchte – Science Fiction oder Antizipation?“ als einzig wahrhaftige Interpretation der uns umtreibenden Wirrungen des Alltags in Erinnerung. In seinen beinahe philosophischen Betrachtungsweisen sprach er von dem Investigativen, das uns in der Wahrheitsfindung verloren geht. Er mahnte, dass wir mittlerweile weniger vertiefen, dafür aber mehr springen. Als Schriftsteller und Kommunikationswissenschaftler wies er zudem darauf hin, dass wir uns immer mehr dazu verleitet fühlen, auf Dinge zu reagieren, die möglicherweise Fehlinformationen enthalten. Mit diesen Thesen war er nicht allein.