Weintourismus: Die genussvolle Art zu reisen

Das als UNESCO-Weltkulturerbe klassifizierte Tal der Loire, die drittgrößte französische AOC-Region (Appellations d’Origine Contrõlée – eine Vorschrift, die die Herkunft von Wein garantiert, indem sie bestimmte Anbaugebiete festlegt) zieht viele Touristen und Weinliebhaber an. Allein in und um Saumur entdecken jährlich eine halbe Million Besucher die Schönheiten dieser Region: legendäre Schlösser, unterirdische Grotten und Höhlen (die Troglodyten), die weltberühmte Reitschule Cadre Noir und nicht zuletzt die zahlreichen Weinkeller, die sich gegenseitig mit Ideen überbieten, um ihren Gästen einen unvergesslichen Besuch zu ermöglichen.

Weintourismus
Schloss Chambord – das das größte Schloss der Loireregion Foto: Flickr

Der Weinbau an der Loire reicht bis zu den Römern zurück, die erste Weinberge im Pays Nantais anlegten. Heute ist die Loire Frankreichs Weißwein-Region Nummer eins. Entlang des über 1.000 Kilometer langen Flusses reiht sich eine Weinbauregion an die andere und einige touristische Websites empfehlen Touren durch die Regionen. Insgesamt ist die Loire mit ihren 7.000 Weinbaubetrieben das größte Anbaugebiet für Weißwein in Frankreich sowie das zweitgrößte Anbaugebiet für AOC-Roséweine und das drittgrößte Anbaugebiet für AOC-Weine. Nur in der Champagne wird mehr Schaumwein hergestellt.

Aufgrund der enormen Länge des Flusses und der damit verbundenen verschiedenen Landschaften, geologischen Formationen und Klimata ist die Loire die einzige Region in Frankreich, in der Wein in allen möglichen Facetten produziert wird. Folgt man dem Flusslauf der Loire von der Quelle in der Auvergne bis zur Mündung in den Atlantik in der Bretagne, so befinden sich die bekannteren Lagen im so genannten Centre-Loire rund um Sancerre: Quincy, Menetou-Salon, Reuilly, Coteaux du Giennois, Châteaumeillant und natürlich Pouilly Fumé. Weiter flussabwärts fließt die Loire durch große alte Städte wie Orléans, Blois, Tours und Angers. Das Klima wird wärmer, die Böden reichhaltiger – und damit ändern sich auch die Stilistik der Weine und die angebauten Rebsorten. Chenin Blanc, der oft mit Riesling verglichen wird, findet hier seine schönste und finessenreichste Ausprägung. In den Lagen wie Anjou Blanc, Saumur Blanc, Savennières, Bonnezeaux, Quarts de Chaume und Coteaux du Layon zeigt der Chenin Blanc, warum er dem Riesling ebenbürtig ist. Die Schaumweine, die zum Beispiel in der AOC Vouvray aus Chenin Blanc entstehen, gehören zu den eigenständigsten und differenziertesten Frankreichs.

Je näher die Loire dem Atlantik zufließt, desto mehr dominieren Rebsorten, die perfekt mit Austern und Fisch harmonieren: der Melon de Bourgogne, besser bekannt unter dem Namen Muscadet und die Folle Blanche. Trotz ihrer großen Bandbreite vereinen die Weine von der Loire verschiedene typische Charakteristika in sich: Das milde und kühlere Klima sorgt dafür, dass die Weine immer – unabhängig vom Reifegrad – eine erfrischende Säure haben, die gut mit der Frucht und dem Alkoholgehalt der Weine harmoniert.

Viele Sommeliers schätzen die Weine der Loire, so auch Hendrik Thoma, der kürzlich in Frankfurt einen Abend mit dem Marktführer unter den „Fines Bulles de Loire“, also den Appellationen an der Loire, die nach der „Méthode traditionelle“ hochwertige Schaumweine wie dem Crémant de Loire produzieren – moderierte. Seit 1811 wird Schaumwein an der Loire hergestellt. Damals erkannte Jean-Baptiste Ackermann, ein Champagner-Produzent, dass in der Region Saumur optimale Bedingungen zur Schaumweinproduktion herrschen. Die lange Tradition an der Loire war der Grundstein für die Anerkennung der AOC Crémant de Loire, die aus einem Anforderungskatalog des französischen Weinbauinstituts INAO (Institut National des Appellations d’Origine) zur strengen Reglementierung der Crémant-Herstellung in Frankreich hervorging. Der Crémant de Loire wird in den Gebieten Anjou, Saumur und Touraine auf 1.600 Hektar produziert. Die durchschnittliche Jahresproduktion beträgt etwa 100.000 Hektoliter. Hauptrebsorten sind Chenin Blanc, Chardonnay und Cabernet Franc. Cabernet Sauvignon und Pineau d’Aunis dürfen bis zu 30 Prozent in der Cuvée enthalten sein. Die Weine müssen mindestens zwölf Monate in Rüttelpulten reifen.