Die Villa Kellermann in Potsdam gilt für Einheimische als Grande Dame, deren Geschichte mit dem Bau für einen königlich-preußischen Zeremonienmeister begann. Bundesweite Bekanntheit erlangte sie vor ein paar Jahren durch TV-Moderator Günter Jauch und Sternekoch Tim Raue.
Seit der Potsdamer Günther Jauch die Villa Kellermann gekauft hat, ist viel passiert. Die Innenräume der 1914 erbauten Villa am Heiligen See in Potsdam wurden aufwändig saniert. In den drei Salons wurde das Restaurant eingerichtet, für das der Berliner Tim Raue, dessen Restaurant in der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin aktuell mit zwei Michelin Sternen ausgezeichnet ist, als kulinarischer Berater engagiert wurde.
Wohl auch deshalb wird die Villa Kellermann im Guide Michelin erwähnt. Die Tester bewerten die Küchenleistung als „deutsche Küche mit traditioneller Basis und modernem Twist“ und treffen damit den Nerv. Hier wird Hausmannskost serviert, die teilweise gewöhnungsbedürftig interpretiert wurde. Die Königsberger Klopse schmecken wie eine vegane Alternative. Die unverwechselbare Kapernsauce, ohne die kein Originalrezept auskommt, fehlt gänzlich.
Hohes Preisniveau
Das Preisniveau ist für die gebotene Küchenleistung und überschaubaren Portionen – sowohl bei den Gerichten als auch Getränken – allerdings ziemlich hoch. Mein Besuch bestätigte deshalb, die schon in meinem letzten Beitrag zur Liste der „The World’s 50 Best Restaurants“ erwähnte Vermarktungsmaschinerie. Tim Raue, der mit dem Berliner Restaurant aktuell auf Platz 26 der Liste erwähnt ist, hat der Villa Kellermann mit seinem Namen und der kulinarischen Beratung lediglich zu Bekanntheit verholfen. Von kulinarischen Extravaganzen kann man in Potsdam nicht sprechen. Verschenkt wird meines Erachtens auch das von Gästen so gern angenommene Storytelling zu regionalen Besonderheiten und Traditionen. Da ist noch Luft nach oben, die preußische Geschichte mehr in den Mittelpunkt zu stellen. (slb)