Genuss ist nicht immer selbstverständlich

Rund um die diesjährige Slow Food Messe kommt der Dokumentarfilm „Gekaufte Wahrheit“ über Gentechnik in der Nahrung in die Kinos. Das brisante Thema ist längst Realität: Zwei führende Molekularbiologen in Schottland und Kalifornien veröffentlichten kritische Ergebnisse ihrer Forschung zu gentechnisch veränderter Nahrung (GM‐Food).

Sie verloren ihre Arbeit und wurden darüber hinaus persönlich ruiniert durch Streichung der Forschungsmittel und Zerstörung ihres wissenschaftlichen Rufs. Der Film erzählt aber auch die Geschichte ihres persönlichen Mutes und ihres Verantwortungsgefühls der Öffentlichkeit gegenüber, die bereits jahrelang GM‐Food konsumiert.

Zahlreiche Organisationen, unter anderem auch Slow Food, haben diesen Film gefördert. Slow Food steht nicht nur für Genuss und guten Geschmack, sondern zunehmend auch für eine verantwortungsvolle Ernährung im globalen Kontext. Auch auf der Slow Food Messe wird die Vereinigung dem erhöhten Informationsbedarf der Verbraucher gerecht und klärt über die Qualität, Produktion und Herkunft von Lebensmitteln auf.

Alternativen zur Lebensmittelverschwendung

Beim Fachbesuchertag am kommenden Donnerstag, den 14. April, werden beispielsweise Fakten und Alternativen zur Lebensmittelverschwendung in Gastronomie und Einzelhandel aufgezeigt. Oft ist es schiere Unkenntnis, die ein wertvolles Nahrungsmittel zum Küchenabfall macht. Derartige Wissenslücken können in einer Gesprächsrunde geschlossen werden, in der sich Wissenschaft und Küche begegnen. Zudem wird das Thema Etikettenwirrwarr und -schwindel thematisiert. „Die Bio-Regale in den Discountern werden immer größer, doch entpuppt sich manches Produkt bei genauerem Hinsehen als dreiste Mogelpackung“, so die Veranstalter.

Die Slow Food Messe findet vom 14. bis 17. April 2011 in der Messe Stuttgart statt. Der Film „Gekaufte Wahrheit“ ist im April und Mai in mehreren deutschen Städten im Kino zu sehen.

Dolce Vita auf engstem Raum

vgwort Gisela Levorato wirkt unruhig, bevor sie die Osteria öffnet. Jeden Abend außer sonntags steht die quirlige Frau mit dem steten Lächeln in der Küche ihres Restaurants in Kassel. Hier beginnt der Verwöhnprozess, den ihre Gäste in der kleinen Osteria mit den 60 Plätzen zu schätzen wissen.

Osteria in Kassel
Gisela und Elis Levorato sind für die Gastronomie geschaffen Foto: Silke Liebig-Braunholz

Ihr Mann Elis managt den Service im Lokal. Es geht herzlich zu. Gäste werden persönlich begrüßt. Tische sind gewöhnlich vorbestellt und mit bunten Servietten eingedeckt. Gisela hat dem Personal zuvor Anweisungen gegeben. Die Kerzen müssen brennen und die Tischlampen im gedämpften Licht erscheinen. „Wir sind ein gemütliches italienisches Gasthaus“, beschreibt sie die Osteria in Kassel mit den kontinuierlichen Erwähnungen im Gault Millau.

Seit Jahren hält das Restaurant 16 Punkte. Kein Wunder bei diesem hohen Anspruch an eine raffiniert verfeinerte bodenständige Küche. „Wir wollen die Genießer umhegen und eine gepflegte Gastronomie bieten“, erklärt Gisela. Dabei spricht sie von den kleinen Variationen und großen Klassikern. Wahre Gaumenfreuden sind beispielsweise Tète de Moine mit Feigensenf – ein geschabter Mönchskopfkäse aus der Schweiz, das Carpaccio vom Roastbeef mit Trüffelöl und Balsamicocreme mariniert auf Rucola mit Parmesanraspeln oder die Spaghetti mit Scampi und hausgemachtem Pesto.

Alles begann mit der Besenwirtschaft

Dabei begann die wechselvolle Gastronomengeschichte der Levoratos einst mit der Eröffnung einer ins deutsche übersetzten Besenwirtschaft. „Wir nannten es La Frasca und haben dabei an die Leichtigkeit des Lebens gedacht“, umschreibt Gisela die Motivation für ihr erstes Restaurant. 1984 öffneten die Nordhessin und der Norditaliener, der in seiner Heimat zum Restaurantfachmann ausgebildet wurde und 1974 nach Deutschland kam, die Türen für ein einmaliges Projekt. 30.000 D-Mark haben sie investiert, mit Freunden eine ehemalige Pizzeria auf Vordermann gebracht. Bereits nach drei Monaten hatte sich der Geheimtipp etabliert und erfuhr regen Zulauf.

Die Entwicklung mündete in einem Feinschmeckerlokal, das bald nicht mehr mit der einst etablierten Leichtigkeit zu Händeln war. Levorato: „Am Anfang gab es Kaninchen aus dem Backofen und Polenta. Mein Mann hat die norditalienische einfache Küche angepriesen und seine Geschichten dazu erzählt. Im La Frasca bestellten die Gäste dann die Taubenbrust in Chiantisoße mit getrüffeltem Kartoffelpüree.“

Zurück zum alten Konzept

Nach einigen Jahren wollten die Levoratos zurück zu ihren Wurzeln. Die Gastronomen entschlossen sich für ein zweites Standbein. Von 1996 an betrieben sie für sieben Jahre die Osteria zunächst im Königstor. 2003 erfolgte der Umzug in das ehemalige La Frasca, wo heute wieder verstärkt das alte Konzept umgesetzt wird: Qualität und Service im Angebot, Gelassenheit und Entspannung bei den Gästen. Der Geschäftsmann könne nach der Arbeit die Krawatte ablegen, die Theaterbesucher einen gepflegten Wein vor dem Abend genießen, weiß Gisela das Zusammenspiel zu erklären. Der Service hält immer einen Tipp bereit: Aus der großen Karte mit rund 350 Gewächsen aus aller Welt lässt man sich gern verwöhnen. Die 30 weißen und 30 roten Weine wechseln kontinuierlich wie auch die saisonalen und stets frischen Speiseangebote.

Gisela kocht mittlerweile international, aber immer noch als begnadete Autodidaktin mit dem steten Blick nach neuen Rezeptideen. Sie hat es nie verlernt, sich selbst zu überbieten. Letztendlich macht das den anhaltenden Erfolg der Osteria in Kassel mit der kontinuierlichen Umsatz- und Gästeentwicklung aus. Schließlich empfehlen nicht nur die Hotels in der Region diesen Geheimtipp. Vielmehr sind es die vielen Stammgäste, die hier immer wieder ihren Platz finden.

Service-Informationen:

Pächter: Gisela und Elis Levorato
Preise (Hauptgerichte): von 9,80 bis 18,50 Euro
Sitzplätze: 60
Mitarbeiter: 4 und 5 Aushilfen
Kontakt: Osteria Kassel, Jordanstraße 11, 34117 Kassel,
Tel. 0561 / 77 37 05

2008 in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung erschienen

Besessen vom Geschmack

Eric Lehr ist Chef Patissier im Sternerestaurant Philipp Soldan im Hotel Die Sonne Frankenberg. Nach nur einem Jahr wurde die Küchenleistung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Daran hat auch die Patisserie ihren Anteil

Philipp Soldan
Der gebürtige Marburger Eric Lehr ist stolz auf das Erreichte. „Es passt alles sehr gut zwischen uns“, erklärt er die Zusammenarbeit mit dem Küchenchef Florian Hartmann. Dessen Kochstil wird als neue europäische Küche bezeichnet und konzentriert sich auf ein einzelnes Grundlebensmittel. Diese Intention treibt auch den Chef Patissier an, der es liebt aus regionalen Produkten das höchste Maß der Dinge heraus zu holen.

„Einen Püree stelle ich grundsätzlich selbst her. Mit der richtigen Würze ist es eine Sensation, weil das Grundprodukt seinen Geschmack voll entfalten kann“, sagt Eric Lehr. Aus dem Obst seines regionalen Lieferanten verarbeitet er Quitten, Pflaumen, Beeren, Mirabellen, Erdbeeren und Rhabarber. Sein Geschmacksgeheimnis entfaltet sich letztendlich aus dem zugegebenen Zucker, gemahlenen Zimtblüten und der Vanille. „Ich verwende ausschließlich Bourbon- oder Tahiti-Vanille und lasse die Zutaten im eigenen Saft schmoren“, erklärt er. Anschließend wird das Obst püriert und passiert, sodass es die besten Sorbets ergibt, wie der Konditor erklärt.

Erste Berührung im Bel Etage in Marburg

Gelernt hat der 29-Jährige im Café-Konditorei Vetter in seiner Heimatstadt. Als er die Ausbildung abschloss, war er Innungsbester und auf dem besten Weg zu einer großen Karriere. Denn sehr früh erkannte der Verfechter der großen klassischen Patisserie, wie sie auch Robert Oppeneder lehrt, dass er eine Leidenschaft zum Beruf gemacht hatte. Zahlreiche Lehrgänge folgten ebenso wie der Wechsel in das 5 Sterne Superior Vila Vita Hotel Rosenpark, in dem er als Demi Chef die Patisserie für drei Restaurants mit verantwortete. Erstmals hatte er hier Berührung mit der Sterneküche im Restaurant Bel Etage mit Küchenchef Bernd Siener.

Dann der Bruch: Lehr zog es wieder in seinen Lehrbetrieb zurück, wo er zwei Jahre lang Backstubenleiter war. Anschließend wechselte er nochmal für fünf Jahre in die Großbäckerei Wagner, war hier Backstubenleiter dieses Marburger Betriebs mit acht Filialen. Jetzt hat er sich wieder seiner wahren Berufung zugewandt: Seit März 2009 ist er Chef Patissier im Hotel „Die Sonne Frankenberg“ mit 60 Zimmern und Suiten. Mitten auf dem Marktplatz erstrahlt das Haus seit geraumer Zeit in einem neuen Licht. Dr. Martin Viessmann, geschäftsführender Gesellschafter der Viessmann Group, international führender Hersteller von Heiztechnik-Systemen, hat das Hotel von Grund auf modernisieren lassen und einer neuen Zielgruppe geöffnet.

Patisserie mit 3 Commis Patissiers ausgestattet

Das Gourmetrestaurant war eines der großen Ziele bei der Entwicklung des Konzeptes. „Es ging dem Team primär um den Stern als ich mich hier bewarb“, erzählt Eric Lehr. Seine Patisserie ist mit 3 Commis Patissiers ausgestattet, um dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Lehr kam die Herausforderung gelegen. Ist er doch besessen von einer für sich sprechenden Ästhetik des Produktes. Mit Farben oder Inszenierungen aus der molekularen Küche setzt er das sogenannte i-Tüpfelchen auf seine Kreationen.

Philipp Soldan
Dreierlei von der Quitte mit Champagner und Vanille, Haselnußbisquit und Hippe Fotos: Silke Liebig-Braunholz

Seit Oktober 2009 ist das Gourmetrestaurant mit den 24 Sitzplätzen in der Besetzung Hartmann/Lehr eröffnet. Die beiden Kreativen haben drei Dessertvariationen auf die a la carte-Karte des Restaurants Philipp Soldan gesetzt und eine Variation für das Degustationsmenü kreiert. Die Gäste werden zudem mit Petits fours und hausgemachter Schokolade sowie Kaffeegebäck umworben. „Letztendlich kommen alle Torten, Waffeln, Sorbets, Desserts und Kuchenstückchen aus unserer Schmiede“, sagt Eric Lehr. Für die Produktion verwendet er auch Bioprodukte wie etwa frisch gemahlenes Roggen- und Dinkelmehl von regionalen Händlern. Die Kuvertüren sowie hausgemachten Pralinen werden ausschließlich mit Valhrona-Schokolade produziert. Lehr macht auch hierbei keine Kompromisse.

Erschienen in der Konditorei und Café Patisserie mit weiteren tollen Rezeptideen
Mehr Food-Fotos im Narrare-Album auf Flickr.