FBMA: Sei einfach überraschend anders!

Die Branchenvereinigung FBMA (Food & Beverage Management Association) ist mir im Laufe meiner fachjournalistischen Arbeit schon mehrfach als überaus innovativ begegnet. Die Veranstaltungen sind mehr als eine Zusammenkunft im Kollegenkreis. Hier kreiert die Hotellerie und Gastronomie ihre Ideen von morgen.

Deshalb waren auch auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung der FBMA, in dessen Rahmen der Hotelier und Unternehmer Horst Rahe (Aida, Louis C. Jacob in Hamburg) mit der Brillat-Savarin-Plakette geehrt wurde, wieder spannende Vorträge im Rahmenprogramm zu erleben. Unter anderem sprach der Coach und Speaker Stephan Jung (Eisberg Positioning) in seiner Keynote zum Thema „So lebst Du morgen“ und empfahl den Kollegen den Gästen von morgen mit mehr Mut gegenüberzutreten. „Überraschen und verführen Sie!“, sagte er und präsentierte unter anderem dieses Video:

Dass hier ein Getränk beworben wird, erschließt sich dem Zuschauer erst am Ende des Spots. In der „English Version“ ist der Beitrag übrigens schon seit 2011 auf Youtube zu finden und wurde hier beinahe 4 Millionen Mal angeschaut. Grund genug, dieses Video als Musterbeispiel vorzustellen und daraus zu lernen.

Ostseebad Binz: Gelungene Renaissance

BinzKlaus Boy muss nicht viel überlegen, bevor er liebevoll über das Ostseebad Binz auf der Insel Rügen spricht. Im Binzer Ortsteil Prora war er Leiter des Hauses der Armee. Nach der Wende hat er sein eigenes Unternehmen aufgebaut, das von seiner Schwiegertochter Franziska geführt wird und mittlerweile an seinen Sohn übergeben wurde. Touristen, die mit den Boy’s durch Binz schlendern, können sich auf viele Anekdoten freuen. Für die Familie sind sie ebenfalls ein Stück Lebensgeschichte.

Ostseebad Binz
Die typische Binzer Bäderarchitektur versprüht an der Ostsee einen herrschaftlichen mediterranen Charme. Foto: Kurverwaltung Binz, Clemens Klüver

An diesem Morgen begrüßen der weißbärtige Gästeführer und seine Frau eine Gruppe von rund dreißig Touristen am Haus des Gastes. „Ich erzähle Ihnen heute einiges darüber, wie das einstige Dorf Binz zum Seebad wurde“, sagt er schmunzelnd und setzt sich mit seiner kleinen Männerhandtasche beschwingt in Bewegung. Wir folgen ihm als er erzählt, dass der Ort 1318 erstmals erwähnt wurde und der Baedeker Reiseführer Binz bereits im 18. Jahrhundert aufgrund seines feinen Sandstrandes als schönstes Bad bezeichnete.

Ostseebad Binz
Das Ostseebad Binz ist das größte Seebad auf der Insel Rügen. Foto: Silke Liebig-Braunholz

Berühmte Bäderarchitektur

Warme und kalte Meerwasserbäder waren einst sehr beliebt in Binz. Das Wasser wurde aus dem Meer gepumpt und im Haus des Gastes zum Baden aufbereitet. Um diese Zeit sprach sich herum, dass der Ort ein Geheimtipp ist. 1825 begann der Bauboom – Hotels, Pensionen und die für den Ort so berühmte Bäderarchitektur entstanden. Die herrschaftlichen Villen an der Strandpromenade wurden mit einem preiswerten Kalkanstrich und den drei typischen Merkmalen für die Bäderarchitektur versehen: dem Kastenbau, dem Vorbau als Veranda oder Balkon und dem Türmchen obendrauf.

Ostseebad Binz
An der Seepromenade hat auch Henry Maske eine Eigentumswohnung. Foto: Kurverwaltung Binz, Björn Hänssler

Heute stehen die Häuser unter Denkmalschutz und wurden seit der Wendezeit in liebevoller Detailarbeit und mit einem großen Investitionsvolumen überwiegend von den Besitzern saniert. Es ist wohl der besondere Stilmix aus Klassizismus, Neobarock und Jugendstil, der Binz mit seinen Feriendomizilen und Logierhäuser zu einer derart begehrten Urlaubsdestination werden ließ. Seit 2005 ist die Anzahl der Übernachtungen von knapp zwei Millionen Gästen auf rund 2,5 Millionen Gäste angestiegen. Die Gästeankünfte – auch ohne Übernachtungen – lagen 2005 noch bei rund 350.000 und im vergangenen Jahr bei rund 450.000. Auch mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Touristen kann das Ostseebad zufrieden sein. Sie liegt mit 5,5 Tagen bei einem guten bundesdeutschen Schnitt in derartigen Tourismusregionen.

Erfinder des Seebades

Klaus Boy erzählt gern auch von den vielen gastronomischen Betrieben im Seebad, das 5.491 Einwohner mit Hauptwohnsitz und 447 Einwohner mit Zweitwohnsitz hat. Dagegen zählt die Statistik knapp neunzig Restaurants, Bars und Cafés sowie rund 15.000 Gästebetten für den Ort und unser Gästeführer erzählt auch hierzu ihm bekannte Anekdoten. Beispiel: Wilhelm Klünder. „Er gilt als der Erfinder des Seebades“, sagt Boy. Mit ihm sei das erste Hotel am Meer entstanden. „Vorher hatte sich niemand zugetraut, so weit an das Meer heranzugehen. Die Menschen hatten noch Respekt davor“, erzählt unser Gästeführer. Doch mit Wilhelm Klünder brach eine neue Zeit an und dort wo er sein Hotel 1883 errichtete, steht heute das Grand Hotel, das von Hotel Arkona Dr. Hutter e.K. betrieben wird.

Ostseebad Binz
Möwen sind an dem etwa fünf Kilometer langen und rund 50 Meter breiten Strand von Binz zuhause. Foto: Silke Liebig-Braunholz
Nur noch selten zu finden

Ganz in der Nähe des Grand Hotels kehren die Gäste beispielsweise auch gern bei Toni Münsterteicher ein. In seiner Strandhalle wird alles mit Liebe zubereitet, weshalb es das Fischerrezept „Lothars Leibgericht“ sogar zum Favoriten in den Bewertungsportalen gebracht hat. „Wir machen hier Dinge, die in der Gastronomie nur noch selten zu finden sind“, sagt der passionierte Gastwirt und ergänzt das ohnehin breit gefächerte kulinarische Angebot, das neben dem Sternerestaurant freustil über das erste Bio-Restaurant der Insel meerSalz bis zu dem gediegenen Kurhaus-Restaurant reicht. Binz steht genauso für die traditionelle Fischräucherei wie für die gehobene Küche und bietet ein breites kulinarisches Spektrum für Genießer.

Für verrückt erklärt

Damit knüpft der Ort an Vorkriegszeiten an, als etwa Prominente wie der Ufa-Star Willy Fritsch sowie Großindustrielle der damaligen Zeit die Vorzüge dieses Ortes entdeckten und hier glanzvolle Feste im Kurhaus feierten, das Berliner Bankiers einst erbauen ließen. Weniger glanzvoll war die Zeit der „Aktion Rose„, in der Hotels- und Restaurantbesitzer enteignet wurden. „Auch die Villa der Witwe von Wilhelm Klünder wurde damals enteignet“, erzählt Klaus Boy. Heute leben dort Klünders Nachfahren, wenn auch nicht aus erster Linie. Michael Gronegger ist der Sohn einer Cousine der bereits verstorbenen Tochter von Alwine Klünder, der Witwe des Seebad Begründers. Seit 2002 lebt er mit seiner Frau Ingeborg in der Villa Klünder direkt im Turm mit Blick auf das Meer. In seinem Keller hat er wieder einen Weinkeller – genauso wie in Bayern, wo er bis zum Umzug in einem Wasserschloss lebte. Vor ihrer Zeit als Pensionsvermieter waren die Groneggers Banker. „Viele unserer Freunde haben uns für verrückt erklärt als wir sagten, dass wir nach Binz umziehen und die Villa sanieren“, erzählt Michael Gronegger. Bereut hat er es nicht und sich mit seiner neuen Aufgabe arrangiert, die 13 Wohnungen in der Villa in Schuss zu halten. „Als wir kalkuliert haben, sind wir von weniger Belegung ausgegangen als wir heute haben. Das Konzept ist damit aufgegangen. Wir müssen nicht einmal Werbung dafür machen“, erzählt er.

Klünders
Die Klünders in ihrem Keller, in dem sie auch einen Bernstein beherbergen, der typisch ist für diese Ostseeregion und den sie für rund 6.000 Euro ersteigert haben. Foto: Silke Liebig-Braunholz
Höhepunkt im September

Die Informationen über die meisten Villen und ihre wechselvolle Geschichte erhalten die Besucher auf einer Tafel, wie sie auch vor der Villa Klünder steht. Seit 2013 gibt es zudem an vielen Häusern auch einen QR-Code, der den Gästen einen digitalen Villenrundgang mit dem Smartphone erlaubt. Auf der hinterlegten Website finden sie die Fakten zu den Villen wie etwa Baujahr, Vorbesitzer, Geschichte nach 1990 sowie kleine Anekdoten und historische Abbildungen. Diese und andere Geschichten, Veranstaltungen und Führungen finden jedes Jahr im September ihren Höhepunkt im Monat der Bäderarchitektur. Hier erzählen auch die Groneggers ihre Anekdoten.

Smartphone
Einfach den QR-Code mit dem Smartphone scannen und anschließend die bewegte Geschichte des Hauses Klünder nachlesen. Für die junge Generation „Tourist“ ist dies eine coole Abwechslung. Foto: Silke Liebig-Braunholz

Die Recherche wurde unterstützt durch die freundliche Organisation der Kurverwaltung Binz und ihrer Partnerbetriebe.

Trendschmiede, Innovationspool, Branchenfreff

„Wir sind mit dem Verlauf der Internorga mehr als zufrieden. Die Messe hat mit großer Vielfalt und hoher Qualität Aussteller und Fachbesucher voll überzeugt. Als First Mover griff sie erneut wichtige Branchenthemen auf“, resümierte Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress GmbH, die sechstägige Fachmesse.

Vom 11. bis 16. März präsentierten 1.300 Aussteller aus 25 Nationen Produktneuheiten, Trends und Komplettlösungen für den gesamten Außer-Haus-Markt. Insgesamt kamen 95.000 Fachbesucher aus dem In- und Ausland zur Internorga. Der Anteil der Entscheidungsträger unter den Besuchern lag bei rund 85 Prozent. Und auch die Internationalität der Besucher bleibt mit 7 Prozent auf konstant hohem Niveau.

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Die Internorga ist seit jeher Pflichttermin des Jahres für den gesamten Außer-Haus-Verkauf sowie Plattform für innovative Produktneuheiten und exklusive Premieren. In diesem Jahr feierte die Messe 90. Geburtstag und präsentierte sich wie gewohnt am Puls der Zeit. Foto: Katrin Neuhauser

Zukunftsthesen aufgestellt

Einst wurden auf der Internorga elektrische Heißwasserspeicher, Mikrowellen, Smoothies und Wraps vorgestellt. Heute sind es Hybrid-Kaffeemaschinen und hochmoderne Heißluftdämpfer. Zudem werden auf diesem Branchenevent immer wieder Zukunfts-Thesen aufgestellt. In diesem Jahr sieben gastronomische Trends, die das Restaurant 2025 beschreiben.

These1: Die Digitalisierung schafft komplett neue Wettbewerbsverhältnisse
Gastronomen bekommen mehr Konkurrenz aus dem Tech-Sektor: Reservierungs-, Bestell- und Bezahlsysteme, neue Nahrungsmittel oder On-Demand-Lieferdienste lokaler Bauernhöfe zählen zu den Innovationen durch branchenferne Unternehmen.

These2: Convenience – wir werden immer bequemer, nicht unbedingt glücklicher
Die Qualitätsansprüche der Konsumenten und die Bedeutung von Convenience-Food steigen. Die Weiterentwicklung zum Komfort-Essen prägt die Zukunft. Die Gastronomie steht vor der Herausforderung, die fehlende Verbindung zwischen Convenience und nachhaltigen Erlebnissen durch neue Konzepte zu schließen.

These3: Homing statt Cocooning
Das Essen zu Hause gewinnt wieder an Bedeutung. Traditionelle Food-Formate haben die Aufgabe, sich vor diesem Hintergrund neu zu positionieren und den Restaurantbesuch wieder schmackhaft zu machen.

These4: Social Food schlägt Geschmack
Essen wird immer mehr zum Lifestyle. Restaurants können sich als Ort der Inspiration und des Wissens etablieren, als Erholungsplatz für Körper und Geist, als Ort des geselligen Zusammenseins, als Ort des Abenteuers, der Neugier und als sozialer Lebensmittelpunkt.

These5: Migration Food
Durch Migration entsteht künftig eine große Nachfrage nach kulturspezifischen Angeboten. Essen aus Persien, Afghanistan und einigen Ländern Afrikas beeiflusst das gastronomische Angebot von morgen.

These6: Polarized Eating – im Spannungsfeld von High-Tech und Bio-Romantik
Konsumenten verlangen nach den Bequemlichkeiten der High-Tech-Food-Industrie, sehnen sich aber gleichzeitig nach einer romantischen Welt der Bio-Produkte. Das Restaurant der Zukunft verbindet beide Ansprüche miteinander.

These7: Markenbotschafter statt anonyme Brands
Die Gesichter und Geschichten der Food-Produzenten gewinnen an Bedeutung und übernehmen vermehrt die Aufgabe eines Labels. Die Personifizierung weckt bei den Konsumenten zunehmend Vertrauen. Für das Restaurant der Zukunft sind Mitarbeiter, Servicepersonal, Koch und Besitzer sowie deren Kompetenz entscheidend.

Neue Formate mit Mehrwert

Nichtzuletzt ist die Internorga immer auch ein Ort für neue Formate mit dem entscheidenden Mehrwert für Aussteller und Besucher. 2016 waren dies der neue Kochwettbewerb Next Chef Award, bei dem Johann Lafer den talentiertesten Nachwuchskoch suchte sowie der Gastro Startup-Wettbewerb für das innovativste Gastro-Konzept mit Tim Mälzer und der Leaders Club Concepts GmbH. „Man hat deutlich gesehen, wie weit junge Leute heutzutage sind. Ich fahre mit der Erkenntnis nach Hause, dass wir viele junge talentierte Köche in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben“, sagte Johann Lafer.

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Die Finalisten mit den Juroren, den Verantwortlichen der Messe Hamburg und Moderator Jan Hofer. Foto: Katrin Neuhauser

Sieger Jonas Straube darf nun sein erstes eigenes Kochbuch beim Teubner Verlag herausgeben. „Ich habe an diesem Wettbewerb teilgenommen, weil es mich in erster Linie sehr gereitzt hat, ohne Wissen über den Warenkorb in einen solchen Wettbewerb zu gehen. Und natürlich haben mich auch die Preise sehr gereitzt“, sagt er anschließend.

Jan Hofer gratuliert dem Gewinner Jonas Straube. Im Hintergrund Johann Lafer. Foto: Silke Liebig-Braunholz
Jan Hofer gratuliert dem Gewinner Jonas Straube. Im Hintergrund Johann Lafer. Foto: Silke Liebig-Braunholz

Seinen Sieg führte er schließlich auf die sehr guten Grundkenntniss vom Kochen und den jeweiligen Produkten sowie auf seine Ausbildung im Landhotel-Gasthof Schütte zurück. „Ich bin derzeit als Souschef im Coast by East in der Hafencity in Hamburg beschäftigt, werde aber definitiv mein Ziel der Selbstständgkeit nicht aus den Augen verlieren“, so der 25-jährige Next Chef Award-Gewinner.

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Premiere feierte auch der von Tim Mälzer moderierte Gastro Startup-Wettbewerb. Hier drehte sich alles um die Gastro-Welt der Zukunft und um frische Erfolgsgeschichten von gastronomischen Talenten und Visionären. Die vorgestellten Konzepte zeigten, was die Branche bewegt. Und: Sie sind Belege aus der Praxis für die sieben Trend-Thesen, die das Gottlieb Duttweiler Institut Zürich im Auftrag der Internorga in einem exklusiven Thesen-Papier zur Zukunft der Gastronomie zusammengestellt hat. Foto: Michael Zapf