Lockeres Lebensgefühl als Dauerbrenner

Ihre Tostadas, Burritos und Enchiladas sind einmalig in der Stadt. Neben südamerikanischen Spezialitäten bieten Andreas und Sergio Ferrante im Casa Colombiana aber auch europäische Speisen. Das Konzept beruht jedoch vor allem auf der Leichtigkeit des Seins. Die Gastgeber verstehen es, mit diesem Lebensgefühl ihr Geschäft erfolgreich zu betreiben.

Casa Colombiana
Sergio (links) und Andreas Ferrante Foto: Liebig-Braunholz

Als das Bar-Restaurant 2000 in Kassels Hölkeschem Haus eröffnete, waren auch die beiden Brüder sofort begeistert. Sie wurden schnell zu Stammgästen. Im Oktober 2005 dann die Wende: Andreas und Sergio übernahmen mit einer weiteren Partnerin das nicht mehr so gut florierende Haus mit den einhundert Sitzplätzen im Restaurant, dem angegliederten Wintergarten und Nebenraum. Mit der Zielsetzung, erkannte Fehler nicht zu wiederholen und Gas zu geben sind sie weit gekommen. „Wir haben sofort in den Service investiert und das Speisenangebot verbessert. Uns war klar, dass wir in diesem historischen Haus auch ein entsprechendes Restaurant betreiben müssen“, sagt der ehemalige Barkeeper aus dem Capitol-Kino Sergio Ferrante.

Seit nunmehr fünf Jahren brummt das Geschäft. Das Casa Colombiana ist täglich ab 17 Uhr gut gefüllt, am Wochenende sogar zeitweise überfüllt. Das Stammpublikum schätzt die angenehme Atmosphäre in dem großzügigen Raum und die kreative Küche. Die Einrichtung ist schlicht gehalten und wirkt durch ihre harmonischen Farben. Es gibt keine Tischdecken, sodass die Maserungen der Holztische erst richtig zur Geltung kommen können. Zu den Gedecken gehören neben dem Besteck die bedruckten Servietten mit dem Motto des Casa Colombiana aufgedruckt: „The latin way of life“.

Das Team um die Brüder Ferrante stellt sich diesem Motto. Andreas und Sergio gehen dabei stets als Vorbild voran. Bevor die bis zu 15 Aushilfen ihren Dienst antreten, hat Sergio alle Vorbereitungen im Barbereich getroffen und Andreas den Raum hergerichtet. Unterstützt werden die beiden von ihren Eltern, die in den 70er Jahren aus Sizilien nach Deutschland gekommen sind und selbst lange Jahre ein Lebensmittelgeschäft und eine Pizzeria betrieben haben. Der Vater Francesco ist deshalb auch bei seinen Söhnen für die Zubereitung der Soßen zuständig und täglich in der Küche im Einsatz. „Wir sind ein großes Team und rund um die Uhr für das Geschäft da. Anders geht es nicht, wenn man die Mannschaft motiviert bei der Stange halten will“, sagt Andreas. Diese Einstellung springt außerdem auf die Gäste über: Man kennt sich und geht stets zuvorkommend miteinander um. Der Gast sei König und Freundlichkeit ein absolutes Muss, betonen die Gastgeber.

Bei südamerikanischer Musik sowie neuerdings auch Jazz-Rhythmen ist Andreas – die ehemalige Servicekraft aus der La Galleria und dem Rossini in Kassel – mit seinem Team ganz nah am Gast. Trotz der breiten Auswahl an Speisen und den vielen Variationen gehen sie auf jeden Gästewunsch ein. Hinzu kommt die Weinberatung: „Wir bieten eine breite Vielfalt an italienischen, spanischen, chilenischen und marokkanischen Weinen sowie deutsche Rieslinge an“, erklärt er. Auf der großen Cocktailkarte hat vor allem Sergio Ferrante seine Handschrift hinterlassen: Den Spain, ein cremig-süßer Cocktail mit Finlandia Vodka, Licor 43, Maracujasirup, Sahne, Maracujanektar und Erdbeersirup, gibt es für 7,90 Euro.

Ihre Gäste binden die Brüder zudem über die tägliche Happy Hour. Jeder Cocktail kostet dann nur 4 Euro. Begehrt sind dazu beispielsweise die Tapasvariationen für 15,10 Euro oder frische, saisonale Angebote. „Wir kaufen zweimal in der Woche beim regionalen Großmarkt selbst ein und bieten zwischendurch immer die aktuellen Renner wie Erdbeeren oder Spargel“, sagt Andreas. Konstante Umsatzbringer sind zudem die vielfältigen Fleischgerichte, wie beispielsweise die saftigen Rinderfilets, zu denen es Salate oder hausgemachtes Brot – das Pan Casa especial – gibt. Damit punktet das Casa Colombiana auch bei Familienfeiern, Firmenevents und Hochzeiten.

erschienen in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung

Besessen vom Geschmack

Eric Lehr ist Chef Patissier im Sternerestaurant Philipp Soldan im Hotel Die Sonne Frankenberg. Nach nur einem Jahr wurde die Küchenleistung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Daran hat auch die Patisserie ihren Anteil

Philipp Soldan
Der gebürtige Marburger Eric Lehr ist stolz auf das Erreichte. „Es passt alles sehr gut zwischen uns“, erklärt er die Zusammenarbeit mit dem Küchenchef Florian Hartmann. Dessen Kochstil wird als neue europäische Küche bezeichnet und konzentriert sich auf ein einzelnes Grundlebensmittel. Diese Intention treibt auch den Chef Patissier an, der es liebt aus regionalen Produkten das höchste Maß der Dinge heraus zu holen.

„Einen Püree stelle ich grundsätzlich selbst her. Mit der richtigen Würze ist es eine Sensation, weil das Grundprodukt seinen Geschmack voll entfalten kann“, sagt Eric Lehr. Aus dem Obst seines regionalen Lieferanten verarbeitet er Quitten, Pflaumen, Beeren, Mirabellen, Erdbeeren und Rhabarber. Sein Geschmacksgeheimnis entfaltet sich letztendlich aus dem zugegebenen Zucker, gemahlenen Zimtblüten und der Vanille. „Ich verwende ausschließlich Bourbon- oder Tahiti-Vanille und lasse die Zutaten im eigenen Saft schmoren“, erklärt er. Anschließend wird das Obst püriert und passiert, sodass es die besten Sorbets ergibt, wie der Konditor erklärt.

Erste Berührung im Bel Etage in Marburg

Gelernt hat der 29-Jährige im Café-Konditorei Vetter in seiner Heimatstadt. Als er die Ausbildung abschloss, war er Innungsbester und auf dem besten Weg zu einer großen Karriere. Denn sehr früh erkannte der Verfechter der großen klassischen Patisserie, wie sie auch Robert Oppeneder lehrt, dass er eine Leidenschaft zum Beruf gemacht hatte. Zahlreiche Lehrgänge folgten ebenso wie der Wechsel in das 5 Sterne Superior Vila Vita Hotel Rosenpark, in dem er als Demi Chef die Patisserie für drei Restaurants mit verantwortete. Erstmals hatte er hier Berührung mit der Sterneküche im Restaurant Bel Etage mit Küchenchef Bernd Siener.

Dann der Bruch: Lehr zog es wieder in seinen Lehrbetrieb zurück, wo er zwei Jahre lang Backstubenleiter war. Anschließend wechselte er nochmal für fünf Jahre in die Großbäckerei Wagner, war hier Backstubenleiter dieses Marburger Betriebs mit acht Filialen. Jetzt hat er sich wieder seiner wahren Berufung zugewandt: Seit März 2009 ist er Chef Patissier im Hotel „Die Sonne Frankenberg“ mit 60 Zimmern und Suiten. Mitten auf dem Marktplatz erstrahlt das Haus seit geraumer Zeit in einem neuen Licht. Dr. Martin Viessmann, geschäftsführender Gesellschafter der Viessmann Group, international führender Hersteller von Heiztechnik-Systemen, hat das Hotel von Grund auf modernisieren lassen und einer neuen Zielgruppe geöffnet.

Patisserie mit 3 Commis Patissiers ausgestattet

Das Gourmetrestaurant war eines der großen Ziele bei der Entwicklung des Konzeptes. „Es ging dem Team primär um den Stern als ich mich hier bewarb“, erzählt Eric Lehr. Seine Patisserie ist mit 3 Commis Patissiers ausgestattet, um dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Lehr kam die Herausforderung gelegen. Ist er doch besessen von einer für sich sprechenden Ästhetik des Produktes. Mit Farben oder Inszenierungen aus der molekularen Küche setzt er das sogenannte i-Tüpfelchen auf seine Kreationen.

Philipp Soldan
Dreierlei von der Quitte mit Champagner und Vanille, Haselnußbisquit und Hippe Fotos: Silke Liebig-Braunholz

Seit Oktober 2009 ist das Gourmetrestaurant mit den 24 Sitzplätzen in der Besetzung Hartmann/Lehr eröffnet. Die beiden Kreativen haben drei Dessertvariationen auf die a la carte-Karte des Restaurants Philipp Soldan gesetzt und eine Variation für das Degustationsmenü kreiert. Die Gäste werden zudem mit Petits fours und hausgemachter Schokolade sowie Kaffeegebäck umworben. „Letztendlich kommen alle Torten, Waffeln, Sorbets, Desserts und Kuchenstückchen aus unserer Schmiede“, sagt Eric Lehr. Für die Produktion verwendet er auch Bioprodukte wie etwa frisch gemahlenes Roggen- und Dinkelmehl von regionalen Händlern. Die Kuvertüren sowie hausgemachten Pralinen werden ausschließlich mit Valhrona-Schokolade produziert. Lehr macht auch hierbei keine Kompromisse.

Erschienen in der Konditorei und Café Patisserie mit weiteren tollen Rezeptideen
Mehr Food-Fotos im Narrare-Album auf Flickr.

Altmeister Jürgen Richter will es wieder wissen

„Ich bin ein Knochen und noch nicht am Ziel“, sagt der Küchenchef vom Hotel und Restaurant Zum Steinernen Schweinchen in Kassel. Sein Ziel definieren kann er allerdings nicht. Dafür sei er zu unzufrieden mit sich selbst.

jürgen richter koch
Umtriebig: Jürgen Richter formt die Küche im Hotel und Restaurant Zum Steinernen Schweinchen Fotos: Silke Liebig-Braunholz

Doch Jürgen Richter gehört zu den Altmeistern unter den deutschen Sterneköchen. Zweimal hat er bereits einen Michelin Stern erkocht – im Maritim-Restaurant Bakkarat im Casino am Maschsee (von 1994-1997) und im Schlosshotel Prinz von Hessen in Friedewald (von 1998-2001). Damals wie heute ist es die kreative Vollendung, die seine Arbeit auszeichnet. Die Liebe zum Beruf hat er im Hauswirtschaftskurs mit 19 Schülerinnen entdeckt. „Seitdem bin ich fasziniert davon und habe höchsten Respekt vor der gehobenen Gastronomie und Häusern mit Sterneköchen“, sagt er.

Hoher Grad an Kochkunst

Seine Küche im Hotel und Restaurant Zum Steinernen Schweinchen gehört ebenfalls zu den ausgezeichneten. Der Gault Millau hob das Haus auf die Liste der besten Restaurants in Hessen und bescheinigte dem Küchenmeister mit Konditorausbildung zum wiederholten Mal einen hohen Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität (16 Punkte). Der Feinschmecker bewertete mit 3 F. Zudem erhielt er die Aral Kochmütze.

Jürgen Richter genügt das nicht: „Wir wollen den Michelin Stern“, sagt er. Anders kochen tut er heute nicht. Wichtig ist ihm immer noch der Grundgeschmack des Produktes, seine unabdingbare Frische und die kreative Gestaltung des Gerichtes. Farbe sei ihm immer wieder wichtig: „Wenn ich einen Teller sehe, wo etwas farbiges drum herum verziert ist, geht mir das Herz auf“.

jürgen richter koch
Kalbsfilet im Wirsingblatt mit kalter Gazpacho, alter Wurst und Schinkenchip, Leber-Pumpernickelcrouton

Im Gourmetrestaurant in Kassel setzt er zudem auf Regionalität. Etwa 60 Prozent der Produkte kommen beispielsweise aus heimischen Wäldern. Auch die Metzgereien sind Lieferanten des Hotel und Restaurant Zum Steinernen Schweinchen. „Meist kaufe ich selbst ein und gehe in die Markthalle, um frische Saisonware zu bekommen“, sagt Richter. Im Gourmetrestaurant bietet er dann etwa einen Salat vom Kaninchen mit schwarzen Linsen und Chorizo-Essenz oder den Hummerschaum mit Datteln und Praliné an. Im Hotelrestaurant entstehen dazu die abgespeckten Varianten: Spaghettini mit Kaninchenragout in Vino Santo geschmort oder Hummer mit Melone und Rhabarbersorbet.

In der Documentastadt gehört seine Küche zu den Ausnahmeerscheinungen. Richter weiß das und erklärt es mit seiner Besessenheit. „Bei mir hat das Schnitzel immer die gleiche Farbe. Wenn dem nicht so wäre, würde mich das zerfleischen“, erklärt er. Qualität bedeutet für ihn, aus einem Produkt das beste zu entwickeln. Von Trends wie der molekularen Küche lässt er sich gern inspirieren. Der Gast darf bei ihm immer Höchstleistung erwarten. Dem Respekt vor ihm begegnet er mit der entsprechenden Distanz. „Ich duze mich grundsätzlich nicht mit Stammgästen und auch nicht mit meinen Mitarbeitern in der Küche“. Konsequenz gehört auch auf menschlicher Ebene zu seinen Eigenheiten. (slb)

Erschienen in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung