Slow Food Messe schreibt Erfolgsgeschichten

Dr. Hanns-Ernst Kniepkamp ist ein sympathischer Mann. Im früheren Leben war er Chemiker bei der Firma B. Braun im nordhessischen Melsungen. Heute widmet er sich leidenschaftlich der Slow Food-Philosophie – mit anhaltendem Erfolg.

slow food messe
Dr. Hanns-Ernst Kniepkamp Foto: Privat

Es ist nicht übertrieben, wenn man Dr. Kniepkamp als den Erfinder der Slow Food Messe mit dem Namen „Markt des guten Geschmacks“ bezeichnet. Zum fünften Mal fand sie jetzt in Stuttgart statt. Doch seit 2005 gibt es das Spezialitätenfestival Nordhessen geschmackvoll. „Slow Food wollte diese Veranstaltung auch nach Stuttgart holen – so ist letztendlich diese Messe entstanden“, sagt Kniepkamp.

Wie jedes Jahr hat er auch diesmal wieder die Produkte der Aussteller auf Herz und Nieren geprüft. „Wenn der das macht, dann wird das nichts mit der Messe“, hat man ihm einst nachgesagt. Heute lächelt er darüber und freut sich über den wachsenden Zuspruch. Mit 100 Ausstellern ist die Messe in Stuttgart einst an den Start gegangen. Heute sind es rund 400 Produzenten und Direktvermarkter, die ihre Waren feilbieten.

Kleine Schritte zu einer besseren Welt

Die Erfolgsgeschichten der Messe sind kleine Schritte hin zu einer „besseren Welt“: „Wir wollen zeigen, wie es auch gehen kann“, sagt Kniepkamp. Dabei spricht er von rund 30 Prozent Überproduktionen an Lebensmitteln, den rund 20 Prozent, die vom Endverbraucher zuhause weggeschmissen werden und auch von den Gewürzherstellern, durch deren Produkte, Lebensmittel heute geschmacklich verändert werden. Dem Slow Food-Gedanken wird dies nicht gerecht und so ist auch Kniepkamp der Meinung, dass das Produkt an sich bereits seinen Geschmack entfalten sollte.

Dafür kämpft er und wünscht sich noch mehr Beispiele wie das der Eichelschweine: In der Nähe von Würzburg leben sie im Wald, suhlen sich im Schlamm, wühlen umher und schlafen in Heuschüttungen. Ihr Fleisch ist fest, dunkel, saftig bratend, einzigartig im Geschmack – bei diesen Kriterien gibt es auch für Kniepkamp nichts mehr zu rütteln. Das Unternehmen durfte auf der Messe ausstellen.

Eine Mühle, die sonst Mehle und Müsli auf der Messe angeboten hat und nun auch noch die Wurst vom Bauernhof mit vorstellen wollte, musste nachbessern. „Wir haben unsere Qualitätskriterien mittlerweile auf ein hohes Level angehoben. Die Lebensmittel hier auf der Messe müssen gut schmecken, anschaulich hergestellt werden und jedem, der am Prozess beteiligt ist, eine Lebensgrundlage bieten, auch den Tieren“, sagt der Kontrolleur. Etwa ein Prozent schmeißt er raus, einige wollen und können ihre Produktion verändern. So auch der Bauernhof, der seine Wurstproduktion komplett umgestellt hat. Diese kleinen Schritte sind es, die Kniepkamp so sehr mag.

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Genuss ist nicht immer selbstverständlich

Rund um die diesjährige Slow Food Messe kommt der Dokumentarfilm „Gekaufte Wahrheit“ über Gentechnik in der Nahrung in die Kinos. Das brisante Thema ist längst Realität: Zwei führende Molekularbiologen in Schottland und Kalifornien veröffentlichten kritische Ergebnisse ihrer Forschung zu gentechnisch veränderter Nahrung (GM‐Food).

Sie verloren ihre Arbeit und wurden darüber hinaus persönlich ruiniert durch Streichung der Forschungsmittel und Zerstörung ihres wissenschaftlichen Rufs. Der Film erzählt aber auch die Geschichte ihres persönlichen Mutes und ihres Verantwortungsgefühls der Öffentlichkeit gegenüber, die bereits jahrelang GM‐Food konsumiert.

Zahlreiche Organisationen, unter anderem auch Slow Food, haben diesen Film gefördert. Slow Food steht nicht nur für Genuss und guten Geschmack, sondern zunehmend auch für eine verantwortungsvolle Ernährung im globalen Kontext. Auch auf der Slow Food Messe wird die Vereinigung dem erhöhten Informationsbedarf der Verbraucher gerecht und klärt über die Qualität, Produktion und Herkunft von Lebensmitteln auf.

Alternativen zur Lebensmittelverschwendung

Beim Fachbesuchertag am kommenden Donnerstag, den 14. April, werden beispielsweise Fakten und Alternativen zur Lebensmittelverschwendung in Gastronomie und Einzelhandel aufgezeigt. Oft ist es schiere Unkenntnis, die ein wertvolles Nahrungsmittel zum Küchenabfall macht. Derartige Wissenslücken können in einer Gesprächsrunde geschlossen werden, in der sich Wissenschaft und Küche begegnen. Zudem wird das Thema Etikettenwirrwarr und -schwindel thematisiert. „Die Bio-Regale in den Discountern werden immer größer, doch entpuppt sich manches Produkt bei genauerem Hinsehen als dreiste Mogelpackung“, so die Veranstalter.

Die Slow Food Messe findet vom 14. bis 17. April 2011 in der Messe Stuttgart statt. Der Film „Gekaufte Wahrheit“ ist im April und Mai in mehreren deutschen Städten im Kino zu sehen.