Dolce Vita auf engstem Raum

vgwort Gisela Levorato wirkt unruhig, bevor sie die Osteria öffnet. Jeden Abend außer sonntags steht die quirlige Frau mit dem steten Lächeln in der Küche ihres Restaurants in Kassel. Hier beginnt der Verwöhnprozess, den ihre Gäste in der kleinen Osteria mit den 60 Plätzen zu schätzen wissen.

Osteria in Kassel
Gisela und Elis Levorato sind für die Gastronomie geschaffen Foto: Silke Liebig-Braunholz

Ihr Mann Elis managt den Service im Lokal. Es geht herzlich zu. Gäste werden persönlich begrüßt. Tische sind gewöhnlich vorbestellt und mit bunten Servietten eingedeckt. Gisela hat dem Personal zuvor Anweisungen gegeben. Die Kerzen müssen brennen und die Tischlampen im gedämpften Licht erscheinen. „Wir sind ein gemütliches italienisches Gasthaus“, beschreibt sie die Osteria in Kassel mit den kontinuierlichen Erwähnungen im Gault Millau.

Seit Jahren hält das Restaurant 16 Punkte. Kein Wunder bei diesem hohen Anspruch an eine raffiniert verfeinerte bodenständige Küche. „Wir wollen die Genießer umhegen und eine gepflegte Gastronomie bieten“, erklärt Gisela. Dabei spricht sie von den kleinen Variationen und großen Klassikern. Wahre Gaumenfreuden sind beispielsweise Tète de Moine mit Feigensenf – ein geschabter Mönchskopfkäse aus der Schweiz, das Carpaccio vom Roastbeef mit Trüffelöl und Balsamicocreme mariniert auf Rucola mit Parmesanraspeln oder die Spaghetti mit Scampi und hausgemachtem Pesto.

Alles begann mit der Besenwirtschaft

Dabei begann die wechselvolle Gastronomengeschichte der Levoratos einst mit der Eröffnung einer ins deutsche übersetzten Besenwirtschaft. „Wir nannten es La Frasca und haben dabei an die Leichtigkeit des Lebens gedacht“, umschreibt Gisela die Motivation für ihr erstes Restaurant. 1984 öffneten die Nordhessin und der Norditaliener, der in seiner Heimat zum Restaurantfachmann ausgebildet wurde und 1974 nach Deutschland kam, die Türen für ein einmaliges Projekt. 30.000 D-Mark haben sie investiert, mit Freunden eine ehemalige Pizzeria auf Vordermann gebracht. Bereits nach drei Monaten hatte sich der Geheimtipp etabliert und erfuhr regen Zulauf.

Die Entwicklung mündete in einem Feinschmeckerlokal, das bald nicht mehr mit der einst etablierten Leichtigkeit zu Händeln war. Levorato: „Am Anfang gab es Kaninchen aus dem Backofen und Polenta. Mein Mann hat die norditalienische einfache Küche angepriesen und seine Geschichten dazu erzählt. Im La Frasca bestellten die Gäste dann die Taubenbrust in Chiantisoße mit getrüffeltem Kartoffelpüree.“

Zurück zum alten Konzept

Nach einigen Jahren wollten die Levoratos zurück zu ihren Wurzeln. Die Gastronomen entschlossen sich für ein zweites Standbein. Von 1996 an betrieben sie für sieben Jahre die Osteria zunächst im Königstor. 2003 erfolgte der Umzug in das ehemalige La Frasca, wo heute wieder verstärkt das alte Konzept umgesetzt wird: Qualität und Service im Angebot, Gelassenheit und Entspannung bei den Gästen. Der Geschäftsmann könne nach der Arbeit die Krawatte ablegen, die Theaterbesucher einen gepflegten Wein vor dem Abend genießen, weiß Gisela das Zusammenspiel zu erklären. Der Service hält immer einen Tipp bereit: Aus der großen Karte mit rund 350 Gewächsen aus aller Welt lässt man sich gern verwöhnen. Die 30 weißen und 30 roten Weine wechseln kontinuierlich wie auch die saisonalen und stets frischen Speiseangebote.

Gisela kocht mittlerweile international, aber immer noch als begnadete Autodidaktin mit dem steten Blick nach neuen Rezeptideen. Sie hat es nie verlernt, sich selbst zu überbieten. Letztendlich macht das den anhaltenden Erfolg der Osteria in Kassel mit der kontinuierlichen Umsatz- und Gästeentwicklung aus. Schließlich empfehlen nicht nur die Hotels in der Region diesen Geheimtipp. Vielmehr sind es die vielen Stammgäste, die hier immer wieder ihren Platz finden.

Service-Informationen:

Pächter: Gisela und Elis Levorato
Preise (Hauptgerichte): von 9,80 bis 18,50 Euro
Sitzplätze: 60
Mitarbeiter: 4 und 5 Aushilfen
Kontakt: Osteria Kassel, Jordanstraße 11, 34117 Kassel,
Tel. 0561 / 77 37 05

2008 in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomiezeitung erschienen

Weintourismus: Die genussvolle Art zu reisen

Das als UNESCO-Weltkulturerbe klassifizierte Tal der Loire, die drittgrößte französische AOC-Region (Appellations d’Origine Contrõlée – eine Vorschrift, die die Herkunft von Wein garantiert, indem sie bestimmte Anbaugebiete festlegt) zieht viele Touristen und Weinliebhaber an. Allein in und um Saumur entdecken jährlich eine halbe Million Besucher die Schönheiten dieser Region: legendäre Schlösser, unterirdische Grotten und Höhlen (die Troglodyten), die weltberühmte Reitschule Cadre Noir und nicht zuletzt die zahlreichen Weinkeller, die sich gegenseitig mit Ideen überbieten, um ihren Gästen einen unvergesslichen Besuch zu ermöglichen.

Weintourismus
Schloss Chambord – das das größte Schloss der Loireregion Foto: Flickr

Der Weinbau an der Loire reicht bis zu den Römern zurück, die erste Weinberge im Pays Nantais anlegten. Heute ist die Loire Frankreichs Weißwein-Region Nummer eins. Entlang des über 1.000 Kilometer langen Flusses reiht sich eine Weinbauregion an die andere und einige touristische Websites empfehlen Touren durch die Regionen. Insgesamt ist die Loire mit ihren 7.000 Weinbaubetrieben das größte Anbaugebiet für Weißwein in Frankreich sowie das zweitgrößte Anbaugebiet für AOC-Roséweine und das drittgrößte Anbaugebiet für AOC-Weine. Nur in der Champagne wird mehr Schaumwein hergestellt.

Aufgrund der enormen Länge des Flusses und der damit verbundenen verschiedenen Landschaften, geologischen Formationen und Klimata ist die Loire die einzige Region in Frankreich, in der Wein in allen möglichen Facetten produziert wird. Folgt man dem Flusslauf der Loire von der Quelle in der Auvergne bis zur Mündung in den Atlantik in der Bretagne, so befinden sich die bekannteren Lagen im so genannten Centre-Loire rund um Sancerre: Quincy, Menetou-Salon, Reuilly, Coteaux du Giennois, Châteaumeillant und natürlich Pouilly Fumé. Weiter flussabwärts fließt die Loire durch große alte Städte wie Orléans, Blois, Tours und Angers. Das Klima wird wärmer, die Böden reichhaltiger – und damit ändern sich auch die Stilistik der Weine und die angebauten Rebsorten. Chenin Blanc, der oft mit Riesling verglichen wird, findet hier seine schönste und finessenreichste Ausprägung. In den Lagen wie Anjou Blanc, Saumur Blanc, Savennières, Bonnezeaux, Quarts de Chaume und Coteaux du Layon zeigt der Chenin Blanc, warum er dem Riesling ebenbürtig ist. Die Schaumweine, die zum Beispiel in der AOC Vouvray aus Chenin Blanc entstehen, gehören zu den eigenständigsten und differenziertesten Frankreichs.

Je näher die Loire dem Atlantik zufließt, desto mehr dominieren Rebsorten, die perfekt mit Austern und Fisch harmonieren: der Melon de Bourgogne, besser bekannt unter dem Namen Muscadet und die Folle Blanche. Trotz ihrer großen Bandbreite vereinen die Weine von der Loire verschiedene typische Charakteristika in sich: Das milde und kühlere Klima sorgt dafür, dass die Weine immer – unabhängig vom Reifegrad – eine erfrischende Säure haben, die gut mit der Frucht und dem Alkoholgehalt der Weine harmoniert.

Viele Sommeliers schätzen die Weine der Loire, so auch Hendrik Thoma, der kürzlich in Frankfurt einen Abend mit dem Marktführer unter den „Fines Bulles de Loire“, also den Appellationen an der Loire, die nach der „Méthode traditionelle“ hochwertige Schaumweine wie dem Crémant de Loire produzieren – moderierte. Seit 1811 wird Schaumwein an der Loire hergestellt. Damals erkannte Jean-Baptiste Ackermann, ein Champagner-Produzent, dass in der Region Saumur optimale Bedingungen zur Schaumweinproduktion herrschen. Die lange Tradition an der Loire war der Grundstein für die Anerkennung der AOC Crémant de Loire, die aus einem Anforderungskatalog des französischen Weinbauinstituts INAO (Institut National des Appellations d’Origine) zur strengen Reglementierung der Crémant-Herstellung in Frankreich hervorging. Der Crémant de Loire wird in den Gebieten Anjou, Saumur und Touraine auf 1.600 Hektar produziert. Die durchschnittliche Jahresproduktion beträgt etwa 100.000 Hektoliter. Hauptrebsorten sind Chenin Blanc, Chardonnay und Cabernet Franc. Cabernet Sauvignon und Pineau d’Aunis dürfen bis zu 30 Prozent in der Cuvée enthalten sein. Die Weine müssen mindestens zwölf Monate in Rüttelpulten reifen.

Besessen vom Geschmack

Eric Lehr ist Chef Patissier im Sternerestaurant Philipp Soldan im Hotel Die Sonne Frankenberg. Nach nur einem Jahr wurde die Küchenleistung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Daran hat auch die Patisserie ihren Anteil

Philipp Soldan
Der gebürtige Marburger Eric Lehr ist stolz auf das Erreichte. „Es passt alles sehr gut zwischen uns“, erklärt er die Zusammenarbeit mit dem Küchenchef Florian Hartmann. Dessen Kochstil wird als neue europäische Küche bezeichnet und konzentriert sich auf ein einzelnes Grundlebensmittel. Diese Intention treibt auch den Chef Patissier an, der es liebt aus regionalen Produkten das höchste Maß der Dinge heraus zu holen.

„Einen Püree stelle ich grundsätzlich selbst her. Mit der richtigen Würze ist es eine Sensation, weil das Grundprodukt seinen Geschmack voll entfalten kann“, sagt Eric Lehr. Aus dem Obst seines regionalen Lieferanten verarbeitet er Quitten, Pflaumen, Beeren, Mirabellen, Erdbeeren und Rhabarber. Sein Geschmacksgeheimnis entfaltet sich letztendlich aus dem zugegebenen Zucker, gemahlenen Zimtblüten und der Vanille. „Ich verwende ausschließlich Bourbon- oder Tahiti-Vanille und lasse die Zutaten im eigenen Saft schmoren“, erklärt er. Anschließend wird das Obst püriert und passiert, sodass es die besten Sorbets ergibt, wie der Konditor erklärt.

Erste Berührung im Bel Etage in Marburg

Gelernt hat der 29-Jährige im Café-Konditorei Vetter in seiner Heimatstadt. Als er die Ausbildung abschloss, war er Innungsbester und auf dem besten Weg zu einer großen Karriere. Denn sehr früh erkannte der Verfechter der großen klassischen Patisserie, wie sie auch Robert Oppeneder lehrt, dass er eine Leidenschaft zum Beruf gemacht hatte. Zahlreiche Lehrgänge folgten ebenso wie der Wechsel in das 5 Sterne Superior Vila Vita Hotel Rosenpark, in dem er als Demi Chef die Patisserie für drei Restaurants mit verantwortete. Erstmals hatte er hier Berührung mit der Sterneküche im Restaurant Bel Etage mit Küchenchef Bernd Siener.

Dann der Bruch: Lehr zog es wieder in seinen Lehrbetrieb zurück, wo er zwei Jahre lang Backstubenleiter war. Anschließend wechselte er nochmal für fünf Jahre in die Großbäckerei Wagner, war hier Backstubenleiter dieses Marburger Betriebs mit acht Filialen. Jetzt hat er sich wieder seiner wahren Berufung zugewandt: Seit März 2009 ist er Chef Patissier im Hotel „Die Sonne Frankenberg“ mit 60 Zimmern und Suiten. Mitten auf dem Marktplatz erstrahlt das Haus seit geraumer Zeit in einem neuen Licht. Dr. Martin Viessmann, geschäftsführender Gesellschafter der Viessmann Group, international führender Hersteller von Heiztechnik-Systemen, hat das Hotel von Grund auf modernisieren lassen und einer neuen Zielgruppe geöffnet.

Patisserie mit 3 Commis Patissiers ausgestattet

Das Gourmetrestaurant war eines der großen Ziele bei der Entwicklung des Konzeptes. „Es ging dem Team primär um den Stern als ich mich hier bewarb“, erzählt Eric Lehr. Seine Patisserie ist mit 3 Commis Patissiers ausgestattet, um dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Lehr kam die Herausforderung gelegen. Ist er doch besessen von einer für sich sprechenden Ästhetik des Produktes. Mit Farben oder Inszenierungen aus der molekularen Küche setzt er das sogenannte i-Tüpfelchen auf seine Kreationen.

Philipp Soldan
Dreierlei von der Quitte mit Champagner und Vanille, Haselnußbisquit und Hippe Fotos: Silke Liebig-Braunholz

Seit Oktober 2009 ist das Gourmetrestaurant mit den 24 Sitzplätzen in der Besetzung Hartmann/Lehr eröffnet. Die beiden Kreativen haben drei Dessertvariationen auf die a la carte-Karte des Restaurants Philipp Soldan gesetzt und eine Variation für das Degustationsmenü kreiert. Die Gäste werden zudem mit Petits fours und hausgemachter Schokolade sowie Kaffeegebäck umworben. „Letztendlich kommen alle Torten, Waffeln, Sorbets, Desserts und Kuchenstückchen aus unserer Schmiede“, sagt Eric Lehr. Für die Produktion verwendet er auch Bioprodukte wie etwa frisch gemahlenes Roggen- und Dinkelmehl von regionalen Händlern. Die Kuvertüren sowie hausgemachten Pralinen werden ausschließlich mit Valhrona-Schokolade produziert. Lehr macht auch hierbei keine Kompromisse.

Erschienen in der Konditorei und Café Patisserie mit weiteren tollen Rezeptideen
Mehr Food-Fotos im Narrare-Album auf Flickr.